Deutsche Allianz Nichtübertragbare Krankheiten

Kommt die Bundesregierung ihren Verpflichtungen nach?

Welche Fortschritte haben die Nationalstaaten im Kampf gegen Krebs, Herz-Kreislauferkrankungen und Diabetes gemacht? Dies wollen die Vereinten Nationen am 10./11. Juli 2014 in New York bei einem Gipfeltreffen der Generalversammlung ermitteln – drei Jahre nach dem ersten UN-Gipfel zu den nichtübertragbaren Krankheiten im Jahr 2011. Auch Deutschland hat sich dem globalen Ziel verpflichtet, die vorzeitige Sterblichkeit durch nichtübertragbare Krankheiten bis 2025 um 25 Prozent zu senken sowie die Zunahme von Adipositas und Diabetes zu stoppen.

Dr. Dietrich Garlichs, SG mit Tonio Borg Quelle: DDG

„Wir sind gespannt, welche Maßnahmen die Bundesregierung darlegen wird, um diesen Verpflichtungen nachzukommen“, erklärt Dr. Dietrich Garlichs, Geschäftsführer der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG). DDG und diabetesDE – Deutsche Diabetes-Hilfe, die an der UN-Konferenz teilnehmen, setzen sich für einen Nationalen Diabetesplan sowie die Einführung einer Zucker-Fettsteuer auf ungesunde Lebensmittel ein.

In Deutschland ist die Zahl der Diabeteserkrankungen allein in den Jahren 1998 bis 2011 um 38 Prozent auf über sechs Millionen gestiegen – jährlich zählen 40.000 Amputationen, 2000 Erblindungen und 2300 neu Dialysepflichtige zu den Folgen der epidemischen Stoffwechselerkrankung. Vor dem Hintergrund dieser dramatischen Zahlen hat die Bundesrepublik im Jahr 2011 die politische Deklaration des UN-Gipfels gegen nichtübertragbare Krankheiten unterzeichnet und 2012 dem Globalen Monitoringplan der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zur Umsetzung der politischen Deklaration in messbare nationale Zielgrößen und Messindikatoren zugestimmt. Darin hat sich Deutschland verpflichtet, die vorzeitige Sterblichkeit durch nichtübertragbare Krankheiten bis 2025 um 25 Prozent zu senken und sich auch zu dem Ziel „Die Zunahme von Adipositas und Diabetes stoppen“ („Halt the rise in obesity and diabetes!“) bekannt.

„Die UN-Gipfelkonferenz will die Nationen dazu bewegen, den 2011 vereinbarten Prozess weiter voranzutreiben und die globalen Ziele zu konkretisieren, um die politische Absichtserklärung in Ergebnisse umzusetzen“, erklärt Privatdozent Dr. med. Erhard Siegel, Präsident der DDG. „Es wird Zeit, dass sich die Politik kümmert - am besten durch ein verhältnispräventiv ausgerichtetes Bundespräventionsgesetz und den Beschluss eines Nationalen Diabetesplans“, betont auch Professor Dr. med. Thomas Danne, Vorstandsvorsitzender von diabetesDE - Deutsche Diabetes-Hilfe. Der Koalitionsvertrag sieht ein Präventionsgesetz noch für 2014 vor und der Vorschlag zu einem nationalen Diabetesplan ist kürzlich auf Initiative von vier Bundesländern in den Bundesrat eingebracht worden. Erst Ende Juni hat der Gesundheitsausschuss des Bundesrates der Bundesregierung empfohlen, sowohl ein Bundespräventionsgesetz, als auch einen Nationalen Diabetesplan auf den Weg zu bringen „Auch hierzulande wächst jetzt endlich die Erkenntnis, dass die Primärprävention chronischer Krankheiten nicht vom medizinischen Sektor bewältigt werden kann und dass speziell Diabetes politisch ein ‚hot topic‘ ist und einen konzertierten Aktionsplan erfordert“, so Danne.

Auf einigen Feldern hat Deutschland den Kampf gegen nichtübertragbare Krankheiten mit geeigneten politischen Maßnahmen bereits erfolgreich vorangetrieben. „Dazu zählen das Krebs-Informations- und -Registergesetz, aber auch die Nichtraucherschutzgesetze und insbesondere die Erhöhung der Tabaksteuer“, erläutert DDG-Geschäftsführer Garlichs. „Die Tabakpreiserhöhungen haben dazu beigetragen, den Tabakkonsum vor allem in der nachwachsenden Generation stark zurückzudrängen. „Diesem Beispiel folgend, empfehlen wir die Einführung einer Zucker-Fettsteuer auf stark kalorienhaltige verarbeitete Lebensmittel, wobei gleichzeitig gesunde Nahrung steuerlich entlastet werden sollte.“

Einen Nationalen Diabetesplan und die Einführung einer Zucker-Fettsteuer auf verarbeitete Lebensmittel werden die Organisationen DDG und diabetesDE – Deutsche Diabetes-Hilfe als neuen deutschen Beitrag bei der UN-Fortschrittskonferenz am 10./11. Juli zur Umsetzung der von Deutschland eingegangenen politischen Selbstverpflichtung vorschlagen.. „Wir sind stolz auf diese wiederholte Einladung der Vereinten Nationen, denn sie zeigt, dass unser Engagement zur Bewältigung der Volkskrankheit Diabetes auch international wahrgenommen wird und wir in den vergangenen drei Jahren ein zuverlässiger Partner gewesen sind“, freut sich Danne.

Zur Vorbereitung auf das erste UN-Gipfeltreffen 2011 hatte diabetesDE- Deutsche Diabetes-Hilfe bereits Ende 2010 eine nationale Allianz gegen nichtübertragbaren Krankheiten initiiert, an der bislang zwölf Gesundheitsorganisationen beteiligt sind.

Die „stillen Killer“ Herz-Kreislauferkrankungen, Krebs, Diabetes und chronische Atemwegserkrankungen sind heute bereits für 86 Prozent der Todesfälle allein in Europa verantwortlich und belasten zunehmend auch die Gesundheitssysteme und Volkswirtschaften aller Länder. Dabei sind sie größtenteils durch eine Umstellung auf einen gesünderen Lebensstil vermeidbar. Dazu werden unterstützende Maßnahmen der Politik benötigt, insbesondere verhältnispräventive Maßnahmen auf Bevölkerungsebene (zum Beispiel eine Zucker- und Fettsteuer). Als wichtigste Risikofaktoren für die nichtübertragbaren Krankheiten gelten: ungesunde Ernährung und Nahrungs­mittel, zu wenig Bewegung (und dadurch Übergewicht), schädlicher Alkoholkonsum und Rauchen.

In einem öffentlichen Konsultationsprozess der Weltgesundheitsorganisation zur Formulierung des Globalen Monitoringplans gegen nichtübertragbare Krankheiten (2012) hatte sich diabetesDE – Deutsche Diabetes-Hilfe mit drei Stellungnahmen beteiligt.

Auch das Europäische Parlament hat bereits 2012 eine Diabetes-Resolution verabschiedet, die den Staaten Europas die Einrichtung nationaler Diabetespläne empfiehlt. Die Europäische Kommission beschloss 2013 eine konzertierte Aktion zum Diabetes („Joint Action Diabetes“), hier sollen von 2014 bis 2016 politische Beispiele guter Diabetespraxis in Europa gesammelt , eine Blaupause für einen nationalen Diabetesplan erarbeitet und die Umsetzung nationaler Diabetespläne in den EU-Mitgliedstaaten explizit gefördert werden.