Deutsche Adipositas Gesellschaft
Übergewicht und Adipositas im Kindes- und Jugendalter weiter auf hohem Niveau - Risikogruppen werden immer noch nicht erreicht
Für die Betroffenen habe das Übergewicht erhebliche Konsequenzen, so Wiegand, im Hauptberuf Leiterin der Adipositasambulanz des Sozialpädiatrischen Zentrums an der Berliner Charité: „Jeder zweite Jugendliche mit Adipositas leidet bereits an gesundheitlichen Folgen, z.B. an Störungen im Fett- und Zuckerstoffwechsel, an einer Fettleber oder an hohem Blutdruck - das belastet nicht nur Stoffwechsel und Gesundheit, sondern auch soziale Lebens- und Berufschancen enorm.“ Übergewichtige Kinder und Jugendliche seien häufig von Stigmatisierung betroffen; ein geringeres Selbstwertgefühl, Depressionen und Essstörungen als Folge einer Adipositas verbauten die Entwicklungsmöglichkeiten und Zukunftschancen dieser jungen Menschen.
Sorgen macht Wiegand und den Adipositasexperten der AGA auch der deutliche Rückgang von Anbietern ambulanter Adipositas-Therapien für Kinder und Jugendliche in den letzten Jahren: „Unsere AGA-Mitglieder berichten uns von anhaltenden Schwierigkeiten bei der Kostenübernahme durch die Krankenkassen - und zwar selbst dann, wenn die Therapien an spezialisierten Einrichtungen durchgeführt werden, die ihre hohe Behandlungskompetenz in einem aufwendigen Zertifizierungsverfahren nachgewiesen haben. Dies erschwert die Arbeit der qualifizierten und äußerst engagierten Behandlungsteams. Hier benötigen wir unbedingt mehr Unterstützung, gerade um unsere Therapieangebote für die besonders schwer betroffenen Kinder und Jugendlichen zu erhalten und dem wachsenden Bedarf entsprechend auszubauen“, fordert die Pädiaterin.
„Die AGA begrüßt deshalb ausdrücklich das im Koalitionsvertrag verankerte Vorhaben der neuen Bundesregierung, mit Hilfe einer nationalen Strategie die Reduzierung von Übergewicht vor allem bei Kindern und Jugendlichen strukturiert anzugehen.“ , so Wiegand. Nun müssten Taten folgen – auch die im Koalitionsvertrag angekündigten Nachbesserungen im Präventionsgesetz, eine nationale Reduktionsstrategie zur Senkung von Zucker-, Salz- und Fettgehalten in verpackten Lebensmitteln und die Vereinbarung der DGE-Qualitätskriterien als verpflichtender Mindeststandard in der Kita-und Schulernährung seien dringend nötig, so Wiegand, AGA-Sprecherin und Vorstand der Deutschen Adipositas-Gesellschaft.
„Maßnahmen zur Adipositasprävention, die darauf setzen, individuelles Verhalten zu ändern (Verhaltensprävention), haben bisher leider nicht zum gewünschten Erfolg geführt. Verhältnispräventive Maßnahmen, die die Umwelt gesundheitsförderlicher machen und es so dem Einzelnen erleichtern, gesundheitsbewusste Entscheidungen zu treffen und diese im Alltag umzusetzen, sind daher zwingend erforderlich“, bekräftigt auch Priv. Doz. Susann Weihrauch-Blüher, Sprecherin der AG Prävention in der AGA. „Wir unterstützen deshalb uneingeschränkt die Forderungen der Deutschen Allianz Nichtübertragbarer Krankheiten (DANK), insbesondere nach einem bundesweit verpflichtenden Qualitätsstandard für die Verpflegung in Kindergärten und Schulen sowie einer Stunde Sport oder Bewegung pro Tag an allen Schulen.“, so Weihrauch-Blüher.
In Sachsen gebe es derzeit Bestrebungen, den Sportunterricht an Schulen auf 2 Stunden pro Woche zu reduzieren. „Im Hinblick auf die gestern veröffentlichten Daten der 2. KIGGS-Welle zu Übergewicht, Adipositas und Bewegungskompetenzen deutscher Kinder und Jugendlicher ist dies nicht nachvollziehbar. Im Vergleich zur KiGGS-Basiserhebung (2003-2006) erreichen heute signifikant weniger Kinder und Jugendliche die WHO-Empfehlung zu körperlicher Aktivität von 60 Minuten pro Tag. Kinder aus Familien in schwieriger sozialer Lage sind häufiger körperlich wenig aktiv. Allgemein hat die Inaktivität besonders im Grundschulalter zugenommen.“, berichtet Weihrauch-Blüher. Die steigende Mediennutzung in dieser Altersgruppe verschärfe das Problem vermutlich.
„In der Ernährung wird die Rolle der zuckergesüßten Erfrischungsgetränke für die Energiezufuhr immer noch unterschätzt“, sagt Prof. Matilde Kersting, AGA-Vorstand Ernährung. Allein die Menge an zuckergesüßten Getränken, die nach den neuen Daten bereits im Alter von 11-13 Jahren durchschnittlich pro Tag konsumiert wird, erhöht auf Dauer das Risiko, übergewichtig zu werden und das Diabetes Typ 2– Risiko steigt damit um 20%. Der Konsum der 14-17-Jährigen geht noch weit darüber hinaus!“ Der Konsum steigt mit dem Lebensalter der Kinder an und sei erneut besonders hoch in Familien in schwieriger sozialer Lage.
„Als positiv werten wir, dass in den letzten 11 Jahren der Anteil der Kinder, die täglich zuckerhaltige Erfrischungsgetränke konsumieren, rückläufig ist, allerdings betrifft das immer noch 16,9% der Mädchen und 22,2% der Jungen. Möglicherweise ist dieser positive Trend schon der Erfolg von Präventionsmaßnahmen, die von der AGA intensiv unterstützt werden: Wasser als Regelgetränk etablieren, z.B. durch Wasserspender in Bildungseinrichtungen für Kinder (AGA-Präventionspreis 2017 für gesundekids®) und der Appell an Eltern, Kinder von Anfang an an Wassertrinken zu gewöhnen. Diese Entwicklung müssen wir weiter fördern“, appelliert Kersting an die politischen Entscheider.
Quellen:
- Robert-Koch-Institut (2018):
„Übergewicht und Adipositas im Kindes- und Jugendalter in Deutschland – Querschnittergebnisse aus KiGGS Welle2 und Trends“
- Konsum zuckerhaltiger Erfrischungsgetränke bei Kindern und Jugendlichen in Deutschland – Querschnittergebnisse aus KiGGS Welle 2 und Trends
- Politische Forderungen der Deutschen Adipositas-Gesellschaft (2017)
- Deutsche Allianz Nichtübertragbarer Krankheiten, Positionspapier:
http://www.dank-allianz.de/positionen.html
- DAG-Pressemitteilung zum Koalitionsvertrag- 14.02.2018:
http://www.adipositas-gesellschaft.de/index.php?id=4
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