Pressemeldung
100 Tage Bundesregierung – 100 Tage mutlose Präventionspolitik
DANK: Prävention braucht klare Rahmenbedingungen, nicht nur gute Vorsätze
„Nach 100 Tagen verfestigt sich der Eindruck, dass zwar gern und viel über Prävention gesprochen wird, politisch aber noch immer keine oder die falschen Schlüsse gezogen werden“, stellt Barbara Bitzer, DANK-Sprecherin und Geschäftsführerin der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG), fest.
Die Zahlen sprechen eine klare Sprache:
-
Mehr als die Hälfte der Deutschen ist übergewichtig; jeder fünfte Erwachsene ist sogar adipös.
-
Bei Menschen mit niedriger Bildung sogar fast jeder Dritte. Dabei wird Adipositas in Deutschland laut OECD-Prognosen bis 2050 rund 11 Prozent der Gesundheitsausgaben verursachen (1).
-
Mehr als 9 Millionen Menschen in Deutschland leben mit Diabetes – bis 2040 werden es mindestens 12 Millionen sein. Bereits heute kostet Diabetes rund 30 Milliarden Euro pro Jahr.
Trotzdem fehlen evidenzbasierte Maßnahmen wie eine Steuer auf stark zuckergesüßte Getränke, Werbebeschränkungen für Ungesundes, wenn sich die Produkte an Kinder richten, mehr Bewegung in Kita und Schule oder eine verpflichtende Nährwertkennzeichnung mit dem Nutri-Score – obwohl diese Maßnahmen in anderen Ländern bereits Wirkung zeigen. Vor dem Hintergrund der stetig steigenden Ausgaben im Gesundheitssystem und einer immensen Verschuldung des Bundeshaushaltes – bei im europäischen Vergleich gleichzeitig niedriger Lebenserwartung in Deutschland – wird zwar von politischer Seite die Notwendigkeit von Prävention immer wieder betont, aber der Großen Koalition fehlt bisher der Entschluss, diese evidenzbasierten Maßnahmen umzusetzen.
„Seit Jahren erleben wir eine bunte Projektitis in der Prävention: Es gibt immer neue Modellvorhaben, Appelle an die Freiwilligkeit sowie den Wunsch nach Aufklärung und mehr Bildung. Eine dringend notwendige Kurskorrektur blieb jedoch bisher aus. Die Politik diskutiert über die Rente mit 70, tut aber zu wenig dafür, damit die Menschen gesund altern können. Das greift zu kurz“, kritisiert die Präventionsexpertin.
Hohe Fehlzeiten – krankmachende Verhältnisse
Die Zahl der Krankheitstage in Deutschland liegt auf Rekordniveau. AOK-Versicherte waren 2023 im Schnitt fast 24 Tage krank. Dabei machen Langzeitfälle von mehr als sechs Wochen, oft auch in Verbindung mit chronischen Erkrankungen, 39 Prozent des gesamten Arbeitsausfallvolumens aus (2). „Das bedeutet großes Leid für die Betroffenen und eine enorme Belastung für Betriebe, Krankenkassen und das Gesundheitssystem. Das ist weder Selbstverschulden noch „Schicksal“, sondern die Folge jahrzehntelanger politischer Untätigkeit bei der Verhältnisprävention“, so Bitzer.
Ernährungspolitik ohne gesunde Ernährung
Besonders irritierend ist, dass das Bundesministerium für Landwirtschaft, Ernährung und Heimat (BMLEH) in seinem aktuellen 100-Tage-Papier zwar umfassend über Agrarförderung, Bürokratieabbau und Exportstrategien berichtet, aber kein einziges Wort zu evidenzbasierter Präventions- und Ernährungspolitik verliert (3). Trotz der klaren Datenlage zur Bedeutung ungesunder Ernährung für die Krankheitslast in Deutschland fehlen konkrete Vorschläge für eine gesundheitsförderliche Ernährungsumgebung, obwohl die Ampelkoalition viele Vorschläge in die Diskussion eingebracht hat. „Während andere Länder längst handeln, bleibt Bundesminister Alois Rainer uns eine Antwort schuldig, wie gesunde Ernährungsumgebungen geschaffen werden können, die den Menschen in Deutschland den Zugang zu gesunder Ernährung erleichtern. Die kommenden vier Jahre können entscheidend sein, um Kosten einzudämmen und gesunde Lebensjahre zu sichern“, so DANK-Sprecherin Bitzer abschließend.
DANK: Schluss mit Symbolpolitik, her mit wirksamen Gesetzen
DANK fordert die Bundesregierung auf, einen verbindlichen Präventionsplan vorzulegen – mit konkreten Maßnahmen, klaren Zuständigkeiten und überprüfbaren Zielen. Dazu gehören:
-
Steuerliche Instrumente wirksam ausgestalten: Herstellerabgabe auf zuckergesüßte Getränke und andere gesundheitsschädliche Produkte – wie auch Tabak und Alkohol – stärker besteuern und Gesundes von der Mehrwertsteuer befreien.
-
Werbung und Marketing für Ungesundes und gesundheitsschädliche Produkte eindämmen, um Kinder und Jugendliche wirksam zu schützen.
-
Einweg-E-Zigaretten und Aromen verbieten.
-
Schulernährung: Standards der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) bundesweit einführen.
-
Verbindlichen Nutri-Score auf allen Produkten einführen.
-
Mindestens eine Stunde Bewegung pro Tag in Kita und Schule.
Das DANK-Fazit nach 100 Tagen Bundesregierung: Gesundheit braucht mehr als gute Vorsätze. Sie braucht verbindliches politisches Handeln.